Samstag, 15. Oktober 2016

Zuviel des Guten

Neulich musste ich mal wieder nach dm, ich hatte kein Shampoo mehr und dachte, gehst halt mal schnell rüber. Es war auch gar nicht mal so viel los. Das könnte also ohne längere Wartezeit an der Kasse klappen.

Dann stand ich vor dem Regal mit den Shampoos und trat den Plan des schnellen Einkaufs in die Tonne. Vor mir öffnete sich die Welt der Haarpflege. Es gab Shampoos für koloriertes, getöntes, strapaziertes, sprödes, trockenes Haar. Shampoos für mehr Volumen, blondes, graues, lockiges und dafür, dass die Farbe länger hält. Außerdem gegen Spliss, fehlenden Glanz und Schuppen, einen fettenden Ansatz und gegen Haarbruch. 

An Inhaltsstoffen hatte ich zur Auswahl u.a. Koffein, Hyaluron, Aufbau Hafer, Jojoba und Echinacea, Honig, Aloe, Mythische Olive (???), Wunderbutter (????) oder Tonerde. Gerne in den Geschmacksrichtungen Vanillemilch und Papaya, Acaibeere und Granatapfel, Vanille und Mandelöl, Malve und Brombeere, Bambus und Orangenminze, Granatapfel und Gojibeere.

Die Produkte waren aus dem Sortiment von Nivea, Schwarzkopf, L'Oréal, Garnier, Syoss, Dove oder Balea. 

Kurz - ich war überfordert. Ich neige wirklich nicht dazu, die Vergangenheit zu verklären. Es war früher weiß Gott nicht alles besser. Allerdings hielt sich in meiner Kindheit die Auswahl an Shampoos in Grenzen. Es gab grünes (mit Kräutern) oder gelbes (mit Ei) Shampoo und das war's. Ach ja, und mein fehlgeschlagenes Experiment mit selbstgemachtem Shampoo. Das ließ ich vorsichtshalber meine ältere Schwester ausprobieren. Nach dem Föhnen hatte sie eine Frisur wie Don King. Aber das nur am Rande.

Doch im Grunde genommen beschränkt sich dieses Überangebot nicht nur auf Shampoos. Schon mal vor dem Brotregal beim Bäcker gestanden? Kaffee trinken gegangen? Fernsehsender gezählt (ohne Bezahlsender und Streamingdienste)? Gibt es den Beruf des Schokoladenerfinders?

Jedes Dorf feiert sein eigenes Oktoberfest mit einem zünftig-badischen "Ozapft is", danach klopft Halloween an die Tür, Weihnachtsmärkte mit und ohne Eisbahnen, von Januar bis Aschermittwoch Fasnacht bis zum Abwinken und bis zum Herbst Dorfhocks und Straßenfeste - keine Zeit für Langeweile.

Überfluss so weit das Auge reicht. Und was nicht gebraucht wird oder sich vermeintlich nicht mehr zum Verzehr eignet, wird kurzerhand weggeschmissen. Wobei wir mittlerweile nicht nur essen, nein, wir ernähren uns. Wahlweise vegetarisch, vegan, makrobiotisch, ayurvedisch, basisch, als Frutarier, mit Trenn- Roh- oder Vollwertkost. Dafür sind wir dann Lactoseintolerant und vertragen kein Gluten.

Man könnte tatsächlich an diesen modernen Zeiten verzweifeln und irgendwann werden wir an unserem "Zuviel" ersticken.

Ich hatte mich für das Granatapfel-Gojibeeren-Shampoo entschieden. Dachte ich jedenfalls. Unter der Dusche bemerkte ich, dass ich statt dessen die Granatapfel-Gojibeeren-Spülung mitgenommen hatte.




  

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