Sonntag, 29. März 2015

Mir reicht's

Soll ich oder soll ich nicht? Soll ich oder soll ich nicht meinen Senf zur Katastrophe um den Flugzeugabsturz geben, wo sich doch alle Welt dazu berufen fühlt, seine Meinung kundzutun?

Es steht mir nicht zu, Mutmaßungen zu äußern über eine Sache, die sowieso nicht in Worte zu fassen ist. Was mein Blut derzeit allerdings massiv in Wallung bringt, ist die mediale Aufarbeitung rund um das Unglück. Mir reicht's.

Man war noch weit davon entfernt auch nur annähernd zu wissen, was den Absturz verursacht haben könnte, da erklärten uns sogenannte Experten in Sondersendungen mögliche Ursachen der Katastrophe. Einig war man sich darin, dass es sich wohl nur um technische Probleme handeln könne. Und die Ausbildung von Piloten solle sich doch bitte nicht nur auf computergestütztes Fliegen konzentrieren. Nein, so ein Flugzeug müsse auch manuell zu steuern sein. Der Erkenntnisgewinn und die Informationen hatten die Relevanz der Meldung, dass Angelina Jolie sich die Eierstöcke entfernen ließ.

Musste es wirklich sein, dass man Pressekonferenzen einberief, in denen der Bürgermeister und der Schulleiter aus Haltern um Fassung ringend zu erklären versuchten, was nicht zu erklären ist? Wie schäbig ist das denn, sich hinter Absperrbändern zu postieren, um Trauernde vor einer Schule zu filmen und zu fotografieren?

Zwischenzeitlich hatte man den Eindruck, außer der Schulklasse waren keine anderen Passagiere an Bord. 
Egal ob Maischberger, Will, der unsägliche Herr Lanz oder, wie heute Abend, der noch unsäglichere Herr Jauch  (dessen Thema heute: Flug 4U9525 -Wie können wir mit dieser Katastrophe umgehen?) - niemand scheint ein Gespür dafür zu haben, wann es besser ist, einfach mal die Klappe zu halten. Manchmal steht die Zeit eben still und es wäre dringend geboten, inne zu halten. Kein Mensch hätte die Talkshows vermisst.

Dann die Meldung, der Absturz wurde vom Co-Piloten vermutlich absichtlich herbeigeführt. Blöd halt für die ganzen Experten, hervorragend aber für die Pressemeute. Jetzt gab es wenigstens ein Haus und, welch ein Glücksfall, noch eine Wohnung, vor der man sich postieren konnte. Auf Sat1 war in der Werbepause, gleich nach dem ultimativen Mittel gegen Nagelpilz, eine Reporterin zu sehen, die mit waidwundem Blick vor einer Düsseldorfer Wohnung stand und bedeutende Sätze ins Mikrophon raunte. Widerlich. 

Der Innenminister vermeldet sogleich, dass es sich um keinen terroristischen Akt gehandelt habe. Ob er mit seiner Erkenntnis auch so schnell in die Öffentlichkeit getreten wäre, wenn der Co-Pilot nicht Andreas sondern Hassan oder Ali geheißen hätte?

Ich habe übrigens nicht eine der Sendungen gesehen, weder Talkshow noch Brennpunkt. Das Wissen darum, dass es die Sendungen gab, reicht mir völlig.

Natürlich stehen auch die Printmedien ihren Kollegen aus dem Fernsehen an Peinlichkeiten in nichts nach. Eine Schlagzeile jagt die nächste und jedes noch so unbedeutende Detail wird als Eilmeldung durchs Netz gejagt. Spiegel online: Was die Leiche des Co-Piloten verraten könnte. Ja was wohl?
Die Hardcorefeministinnen vom "Emma" sehen naturgemäß sowieso den Mann an sich als die Wurzel allen Übels und der "Stern" berichtet vom brüchigen Familienglück des Andreas L. Ich kriege vom Kopfschütteln über die Berichterstattung ein Schleudertrauma.

Heute beschwerte sich auch der Chef von German Wings über das Gebaren der Medien. Er tat das via Bild am Sonntag. Ein bessere Medium als dieses Hetzblatt ist ihm wohl nicht eingefallen.

Gespannt bin ich darauf, wann der erste seine Seele verkauft und exklusiv über eines der Opfer berichtet. Wird wohl nicht mehr allzu lange dauern und die Gesprächsrunden im deutschen Fernsehen werden bevölkert von Leuten, die bedeutungsschwanger über Dinge schwadronieren, die mich nichts anzugehen haben. 

Der Gipfel der Geschmacklosigkeiten wird allerdings mühelos im Netz erklommen. Und zwar in Dimensionen, die mir die Sprache verschlägt. Würde man das Fehlen jeglicher Form von Intelligenz und Empathie unter Strafe stellen, unsere Gefängnisse wären überbelegt. Kakerlaken verfügen über größere soziale Kompetenz als Foristen, die ihren geistigen Dünnpfiff im Netz verbreiten.

Heute habe ich den Presseclub in der ARD gesehen. Thema: Die weißblauen Querulanten - muss ganz Deutschland nach Bayerns Pfeife tanzen?
Wunderbar. Vier Journalisten die kultiviert über die CSU im allgemeinen und die Maut im besonderen diskutierten. Ich hätte nie geglaubt, dass ich mich einmal über die CSU und den Seehofer Horst freuen würde.




Mittwoch, 25. März 2015

Eimerlos

Ob ein Post von vielen gelesen wird oder ob sich nur wenige für mein Geschreibsel interessieren, kann ich beim Schreiben nur schwer abschätzen. Ist eigentlich auch egal, da ich einfach so drauflos schreibe und nicht danach schiele, möglichst viele Zugriffe zu haben. Natürlich freue ich mich auf viele Leser, aber wenn es mal weniger sind ist es auch ok.
Wie das genau funktioniert, warum manche Posts erfolgreicher sind als andere - keine Ahnung. Da bin ich noch nicht so richtig durchgestiegen. Natürlich gibt es Themen, über die man herrlich polemisieren könnte und die garantiert sehr erfolgreich sein würden. Aber ich bin ja nicht die Neuenburger Stammtischmutti und ganz ehrlich: Bis ich mir über ein Thema ein abschließendes Urteil gebildet habe, jagt man schon die nächste Sau durchs mediale Dorf.

Den letzten Post "Kreisverkehr" wollte ich eigentlich gar nicht schreiben da ich der Meinung war, dass dieses Thema nicht wirklich interessant ist. Das Chaos ist ja mittlerweile schon Teil unseres Alltags.
Ein Irrtum, wie sich herausstellte. Dieser Post ist, was die Zugriffe und die Resonanz betrifft, mein erfolgreichster. Es hat beinahe was von einer Selbsthilfegruppe, wenn sich betroffene Mitbürger über ihre Erfahrungen mit dem leidigen Thema austauschen. 

Von diesen leidigen Themen gibt es auch in unserer Stadt mehr als genug. Und inzwischen weiß ich, dass ich nicht die einzige bin, die sich über gewisse Zustände ärgert.   

In unserem Amtsblättle werde ich in schöner Regelmäßigkeit darauf hingewiesen, dass ich die Hinterlassenschaften meines Hundes nicht einfach liegen lassen darf, sondern sie mittels mobilem Hundeklo entsorgen muss. Völlig zu Recht, wie ich finde. Wenn ich mir allerdings die Grünanlagen in unserer Stadt ansehe, ist Hundekacke das kleinste der Probleme. Was sich mittlerweile an Unrat in der kleinen Grünanlage beim dm angesammelt hat, ist unglaublich (von unserem Vorgarten ganz zu schweigen). Und dieser Unrat verrottet - anders als die Hinterlassenschaft meines Hundes - in tausend Jahren nicht. Vielleicht liest diesen Post jemand von der zuständigen Stelle auf dem Rathaus. Ich möchte darum bitten, auch menschliche Ausscheidungen mit in den Strafenkatalog aufzunehmen. 

Würde das Aufstellen von Mülleimern die Situation verbessern? Ich bin mir sicher, dass pünktlich zur Landesgartenschau an jeder Ecke mindestens zwei Eimer stehen, die täglich drei mal geleert werden. Aber da müssen wir noch sieben Jahre warten.

Möglicherweise möchte man aber auch der Nachwelt vermitteln, wie das Leben anno 2015 ausgesehen hat, wenn in tausend Jahren bei Grabungsarbeiten unser Müll analysiert wird. Vielleicht ruft die Sektflasche Jubelstürme hervor und man lässt die Baugrube monatelang für Besichtigungen und Führungen offen.

Gegen viele Misstände ist man machtlos, die muss man hinnehmen. Beim Thema Müll kann ich allerdings aktiv werden und kann mich zum Beispiel an den Gemeinderat meines Vertrauens wenden und ihn darum bitten, die Müllfrage in einer Sitzung zu thematisieren. Wahrscheinlich mit eher fraglichem Erfolg. Oder ich kann selbst zu einer Sitzung gehen und mich bei den Bürgerfragen gleich zu Anfang melden. Oder ich gründe eine Selbsthilfegruppe. 
Oder ich könnte wie Nobbi einfach einen Mülleimer aufstellen. Wobei ich mir sicher bin, dass man damit gegen irgendeine Vorschrift verstößt. Hundertprozentig. Deshalb würde ich mich über mehr städtische Mülleimer sehr freuen. Man könnte es wenigstens versuchen.

Ich kann, wenn mich die Vermüllung stört, für Abhilfe sorgen. Mit einer Mülleinsammelaktion. Man muss ja nicht immer darauf warten bis "die Stadt" aktiv wird. Die Stadt bin schließlich auch ich. Man könnte diese Aktion im Sommer durchführen und "die Stadt" würde uns ein Abschlussfest sponsern. Im Wuhrlochpark. Und schon hätten wir das nächste Fest.  













Samstag, 14. März 2015

Kreisverkehr

Neulich war ich mal wieder zu Fuß in meiner Stadt unterwegs. Wie immer fiel mir dabei auf, wie unterschiedlich doch die deutsche Straßenverkehrsordnung interpretiert werden kann. Je nachdem, aus welchem Land man kommt. 

Wir Deutschen haben es ja gerne geordnet. Außer auf deutschen Autobahnen. Da herrscht das Recht des Stärkeren. Wir Deutschen wären ja am liebsten schon am Ziel, noch bevor wir losgefahren sind. Schweizer glaube ich auch. aber die dürfen zu Hause nicht wie sie wollen. Ich wette, der Warp-Antrieb wird mal von einem Deutschen erfunden.
Aber: Wo Einbahnstraße draufsteht, wird nicht in die Gegenrichtung gefahren. Man parkt nicht gegen die Fahrtrichtung (außer in Einbahnstraßen) und muss man längere Zeit halten, stellt man den Motor ab. Auch rote Ampeln sind nicht bloß Vorschläge.

Im Moment wird unser West-Ost-Nord-Süd-Achsenknotenpunkt zum Kreisverkehr umgebaut. Das erinnert mit der aufgerissenen Straßendecke ein klein wenig an eine Operation am offenen Herzen. In westlicher Richtung gilt deshalb eine Einbahnstraßenregelung für die Schlüsselstraße (oder der Rue Gaulvoises, wie ich sie gerne nenne). Unsere französischen Einkaufsgäste (FREG) scheinen sich allerdings von dieser Regelung nicht angesprochen zu fühlen. Aber hey, immer schön locker bleiben. Wer für 200 Euro Cigarettes kauft, darf so eine Einbahnstraße schon mal vernachlässigen.

Parken ist da, wo mein Auto steht, und das kann schon mal außerhalb der markierten Flächen sein. In zweiter Reihe bei laufendem Motor (vorzugsweise vor einem Tabakladen oder einer Tankstelle) - aber nie, niemals an einem Platz, der weiter weg als 30 Sekunden bis zur Ladentür liegt. Gerne kann das auch der Gehweg sein. Wer ist heute denn noch zu Fuß unterwegs. 
Für die neue Bebauung der Rue Gaulvoises würde ich auf jeden Fall mehrere Drive-Ins einplanen. 

Welchen Sinn es macht, meinem Hintermann mittels Blinker zu signalisieren, dass ich rechts in den Kreisverkehr hineinfahre, weiß ich auch nicht, würde ich aber gerne wissen. Ich habe ja keine andere Möglichkeit, als rechts einzubiegen. Dafür spart man sich das Blinken dann beim Verlassen, was eigentlich mehr Sinn machen würde. Hm. Merkwürdig. 

Was aus FREG-Sicht total überbewertet wird, sind rote Ampeln. Also das Halten davor. Andererseits lernen unsere Kinder eine sehr wertvolle Lektion für's Leben: In dieser Welt voller Gefahren kann man niemandem trauen. Nicht einmal einem grünen Ampelmännchen.

Ich sehe das alles ja total entspannt, was daran liegen mag, dass ich selten unterwegs bin. Im Gegensatz zu Theresa, die unser internes Strafzettelranking mit Abstand anführt. Unsere Resi regt sich tierisch darüber auf, dass man ihr wegen läppischer 134 km/h in der 120iger Zone 20 Euro abknöpft, während die FREG in Neuenburg schalten und walten können wie sie wollen. Da kann das Kind sich schon in Rage reden und ich kann nicht dafür garantieren, dass sie nicht zur Selbstjustiz greift. Sollten demnächst FREG feststellen, dass ihren Autoreifen die Luft ausgeht, braucht meine Resi auf jeden Fall ein Alibi.








Sonntag, 8. März 2015

Endlich Sonntag

Wie schon in einem meiner letzten Einträge erwähnt, faste ich Süßigkeiten. Das heißt, von Montag bis Sonntag gibt es nichts Süßes. Auch keinen Zucker in Kaffee oder Tee.

Bernie weiß jetzt übrigens auch, was er fasten möchte, nämlich Schokolade. Wobei mit Schokolade überzogene Kekse nicht zählen.

Was meinen  Willen auf eine sehr harte Probe stellt ist, dass mit Beginn der Fastenzeit die Eisdiele Dolce Amaro wieder geöffnet hat. Neulich hatte ich kurz auf dem Rathaus zu tun und der direkte Weg führt mich an eben dieser Eisdiele vorbei. Auf dem Rückweg dachte ich, komm, das Wetter ist so schön, setz dich doch einfach hin, genieße die Sonne und eine Latte Macchiato. Ohne Zucker und der Keks kommt in die Jackentasche (wo er heute noch ist, fällt mir gerade ein). Nicht bedacht hatte ich bei diesem genialen Plan allerdings die vielen Leute um mich rum, die genüsslich ihre Eisbecher vertilgten. Natürlich setzte sich auch noch ein älteres Ehepaar an meinen Tisch. Natürlich bestellen sie sich jeweils zwei Kugeln Eis. Ohne Sahne. Ich lenkte mich derweil ab und beobachtete den Verkehr auf der vorbeiführenden Schlüsselstraße. Wobei ich den doch recht eigenwilligen Fahr- und Parkstil unserer französischen Gäste bestaunte. 


Die Fastenzeit soll ja an die 40 Tage Fasten von Jesus in der Wüste erinnern. Ich bin sicher, da gab es weder das Dolce Amaro noch den REWE, wo es meine Lieblingsgebrannteerdnüsse gibt.
Als kleines Grundschulkind kam ich auf dem Schulweg an einem Automaten mit diesen Erdnüssen vorbei, und für 10 Pfennige durfte ich mir ab und zu welche kaufen. Oder alternativ im Sommer ein Softeis bei Frau Becherer. Ich liebe Softeis. Wenn man oben alles glatt geschleckt hat,beißt man unten die Spitze der Waffel ab und saugt den Rest durch die Tüte. Das liest sich jetzt etwas merkwürdig fällt mir grad auf, aber so ist das halt, wenn ich Softeis esse. Jedenfalls gibt es die Erdnüsse im REWE (Softeis leider nicht und Frau Becherer auch schon lange nicht mehr). Jesus wurde halt vom Teufel in Versuchung geführt, aber den hatte ich auch. Zumindest ein Teufelchen, denn Mäc war krank und hatte nichts besseres zu tun, als sich von Bernie ein Eis holen zu lassen und es in unfassbarer Langsamkeit in MEINEM Wohnzimmer auf MEINER Couch genüsslich zu essen. Zur Strafe hatte sie einen schmerzhaften Pickel auf dem Kopf. Aber das nur nebenbei.

Natürlich ist es lächerlich zu sagen, ich halte es keine Woche ohne Süßigkeiten aus. Trotzdem hangelt man sich von Sonntag zu Sonntag. Heute um 0h01 stürmte ich zum Kühlschrank (wo im Gemüsefach unsere Schokoladevorräte lagern) und vertilgte eine halbe Tafel Ritter Sport. Dazu eine Handvoll Erdnüsse. Und dann war mir schlecht.  
Wenigstens habe ich in Theresa eine verständnisvolle Mitfasterin, die meine Erfahrungen teilt. Wir bilden sozusagen eine kleine Fastenselbsthilfegruppe. Wobei sie ja noch Fleisch und Alkohol fastet und ihr der Käse schon zu den Ohren rauskommt - bildlich gesprochen. Bis zur Osternacht ist es noch ein sehr weiter Weg.

Selbstverständlich nutzte ich das schöne Wetter und begab mich zur Eisdiele. Es war natürlich proppevoll. Es wurde aber gerade als ich ankam ein Tisch frei, ein Bananensplit machte das Glück perfekt. Begleiten wollte mich von meiner Familie niemand. Was in meiner Stadt allerdings kein Problem ist. Da ist man nie lange alleine, irgendjemanden trifft man immer. Das war auch heute nicht anders und so verbrachte ich einen schönen Nachmittag mit Pit, Uwe und Motte.
Das obige Bild täuscht. Ich habe mir selbstverständlich keine zwei Bananensplit bestellt. Die Portion im Hintergrund gehört einem Jungen, der sich mit seinem Vater zu mir gesetzt hat.

Montag, 2. März 2015

Kuh oder Ziege

Vor einiger Zeit gab es in der Badischen Zeitung eine Serie für Menschen der Generation 50+. Ich kann mit solchen Einteilungen nicht allzu viel anfangen, weshalb ich die meisten Beiträge diagonal gelesen habe. In der Hauptsache ging es wohl darum, wie ein erfülltes Leben jenseits der 50 gestaltet werden kann. Viel Sport, gesunde Ernährung und jede Menge Ehrenämter für die geistige Frische. 

Unter anderem war über eine Frau zu lesen, die sehr erfolgreich eine Agentur für ältere Werbemodels führt. Nicht, dass ich jemals daran Interesse hätte, geschweige denn, überhaupt dafür in Frage käme. Bemerkenswert war der letzte Abschnitt des Artikels, in dem die gute Frau meinte, im Alter müsse sich eine Frau entscheiden, ob sie lieber Kuh oder Ziege sein wolle. Das heißt, etwas molliger ohne Falten oder eben dürr und faltig.

Für Küsten- und Inselbewohnerinnen gilt vermutlich entweder Seekuh oder Muräne. 

Sowas können sich nur Frauen ausdenken. Kein Mann käme je auf die Idee, sich in dieser Form einem Schönheitsdiktat zu unterwerfen. Kein Mann muss sich im Alter entscheiden, entweder Bierfass oder Kölschglas. Das ist denen sowas von egal. 

Jahrzehntelang hat man uns eingebläut, nur schlank ist schön. Was momentan an Werbung für Schlankheitsmittel über den Bildschirm flimmert, ist kaum zum Aushalten. Almased. Meine Lieblingswerbung. Mit der Irren, die im Büro rumtanzt und mit Papieren um sich schmeißt und ich mich erstens frage, wer die Sauerei wieder aufräumt und zweitens, welche Drogen diesem Almased wohl beigemischt sind. 

Und nun heißt es Kuh oder Ziege für die Frau ab 50. Allerdings hat es so eine Kuh angesichts der plötzlich in Unmegen auftauchenden Laktoseintoleranten auch nicht mehr ganz so einfach. Wobei ich der Meinung bin, dass nicht jeder Furz, der quer hängt, gleich auf eine Intoleranz hindeutet. Manchmal ist ein Furz eben nur ein Furz. 

Die Dame von der Modelagentur suggerierte jedenfalls, dass eine Kuh einer Ziege vorzuziehen sei. Als Kuh schaut man nicht auf die Kalorien sondern polstert seine Fältchen einfach aus. Kuh heißt, ich genieße das Leben. Man hat das Bild ja auch vor seinem geistigen Auge: Mit sich und der Welt zufrieden, blöd aber glücklich wiederkäuend auf der Wiese liegend.

Als Ziege kommt man leider schlechter weg. Unzufrieden am Salatblättchend kauend und immer am Meckern. Für mich ist das natürlich ganz schlecht. Ich war eigentlich schon immer Ziege (meine Familie würde sagen, gerade was das Meckern betrifft). Ob aus mir jemals eine Kuh wird, wage ich zu bezweifeln. Und nun? Hat man von mir den Eindruck, als könne ich das Leben nicht genießen. 

Ob sich daran je was ändert, dass Frauen sich ständig mit ihrem Gewicht beschäftigen? Dass wir uns darüber definieren, ob wir dick oder dünn sind, mit viel oder wenig Falten? 

Natürlich muss sich niemand entscheiden, ob Kuh oder Ziege. Allerhöchstens ob Sonnenblume oder Buschwindröschen.